Wechsel in nächste Dekade

Zum Wechsel in die nächste Dekade

Liebe und geschätzte Coaches und betriebliche Mentorinnen der SCA

Der Vorstand und die Geschäftsstelle wünschen euch für den Jahreswechsel viel Gutes und Zuversicht. Auf ein gutes Gelingen!

Viele von uns arbeiten ja in ihren Begleitungen systemisch. Was bedeutet dies genau? Sinnvolle Lösungs- und Veränderungsvorschläge schaffen es häufig nicht über eine bestimmte Hürde in der Hierarchie, mit Bezug auf die Organisation. Es gibt also wechselseitige und systemische Abhängigkeiten zu einem neuen Akteur im System: der Organisation. Wenn wir dies weiterdenken, könnte das bedeuten, dass die Suche nach den richtigen Bedingungen, wie eine Firma oder eine Organisation zu funktionieren hat, über die Veränderungsfähigkeit einzelner Mitarbeitenden definiert ist. Und da sind wir wieder bei der schönen Aufgabe von uns in der Rolle eines Business-Coach oder betrieblichen Mentorin.

Das Buch SCALE – die universalen Gesetze des Lebens von Organismen, Städten und Unternehmen (Verlag C.H. Beck) von Geoffrey West bietet hochinteressante, jedoch auch erschreckende Erkenntnisse aus der Sicht der Wissenschaft und den Augen und dem Herzen eines Physikers.

Es gibt eine grosse Vielfalt natürlich entstandener oder vom Menschen geschaffener Systeme: Lebewesen, Städte, Unternehmen. Diese gehorchen oft gemeinsamen Gesetzen, insbesondere hinsichtlich der Art und Weise, wie sie skalieren. „Skalieren“ heißt, dass bestimmte Eigenschaften von Systemen wie Grösse oder Alter quantitativ variieren. Da es aber Systeme sind, bedeutet eine Variation eines Merkmals immer auch eine Variation anderer Merkmale, die mit ihm verknüpft sind. Ein Beispiel ist der Zusammenhang von Körpergewicht und Stoffwechselrate bei biologischen Organismen: Je grösser eine Tierart ist, desto höher ist ihre Stoffwechselrate. Dieses Skalierungsgesetz aus der Biologie ist als Kleibers Gesetz bekannt. Es gilt für Vögel, Säugetiere, Pflanzen und Bakterien gleichermaßen. Andere allgemeine Skalierungsgesetze betreffen etwa die Anzahl angemeldeter Patente in Abhängigkeit von der Grösse einer Stadt oder die Nettoeinnahmen eines Unternehmens im Verhältnis zu dessen Mitarbeiterzahl.

„Kann es sein, dass alle Organismen, ja alle komplexen Systeme, von den Pflanzen über die Tiere bis zu den Städten und Unternehmen, einigen wenigen einfachen Gesetzen gehorchen?“

Über das Innenleben von Unternehmen gibt es nicht so viele Daten wie über die Netzwerke von Organismen und Städten. Firmen entwickeln sich jedoch wie Organismen nach sublinearen Skalierungsgesetzen: Sie wachsen rasch, stagnieren dann und verschwinden schliesslich.

Ökonomen stellen dieser These die Innovationskraft, die superlinear mit der Bevölkerungsanzahl in Städten skaliert, entgegen. Sie vertrauen darauf, dass wir als Antwort auf die Endlichkeit unserer Ressourcen auch weiterhin Produktivitätssteigerungen vorweisen können.

«Unternehmen werden im Lauf ihres Lebens immer unkreativer und sterben schließlich.»

Mit Innovationen ist es jedoch nicht getan. Sie müssen in immer kürzeren Zyklen auftreten, damit das Wachstum anhält. Die Dampfmaschine wirkte lange Zeit – kein Vergleich mit der Schlagzahl im Digitalzeitalter. Die nächste grosse Innovation wird in etwa 20 Jahren nötig sein. Es ist unwahrscheinlich, dass die auf ungebremstes Wachstum angelegte Marktwirtschaft die nötige Nachhaltigkeit aus sich heraus entwickeln wird.

Zum Autor: Geoffrey West lehrt Physik und erforscht komplexe Systeme und Netzwerke am Santa Fe Institute (USA). 2006 zählte das Time Magazine ihn zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt.

Komplexe Zusammenhänge verlangen nach einem interdisziplinären Austausch zwischen Biologen, Physikern, IT-Fachleuten, Ingenieurinnen und Sozial- und Geisteswissenschaftlerinnen. Ein solcher Austausch müsste endlich statt isolierter Probleme das grosse Ganze betrachten und die Vernetztheit und Interdependenz von Systemen wie Ökologie, Ökonomie, Politik und Gesellschaft berücksichtigen. Auch unsere Berufsgruppe, die tagtäglich Menschen in ihrem beruflichen und privaten Leben begleitet, kann ihren Beitrag leisten.

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